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Neujahrsempfang des KKV Bundesverbandes

By 29. Januar 2020 No Comments

„Ich frage mich oft, warum wir Katholiken so intensiv daran arbeiten, uns selbst abzuschaffen“

Thomas Hunsteger-Petermann, Oberbürgermeister der Stadt Hamm und Vorsitzender des Städtetags Nordrhein-Westfalen, ist für seine ehrlichen und direkten Worte bekannt. Das war auch auf dem Neujahrsempfang des Bundesverbandes der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung e.V. (KKV) in der vergangenen Woche in der Katholischen Akademie Schwerte nicht anders. Als Gastredner stellte er sich als bekennender Katholik die Frage, warum die Katholiken so intensiv daran arbeiten, sich selbst abzuschaffen.

„Ich sage ganz deutlich: Die größte Gefahr für unseren Glauben ist die Gleichgültigkeit! Der Laternenumzug wird zum Lichterfest, das Christkind zum Weihnachtsmann. Christi Himmelfahrt ist zum Vatertag geworden, der Reformationstag zu Halloween. Und was sagen wir Christen? Dass man gegen den Zeitgeist eben nichts unternehmen könne“, resümierte er und fügte durchaus provokant hinzu: „Mir fällt auf, dass in unserem Christentum gerade so einiges schiefläuft – und das hat meiner Meinung nach nur wenig mit den Themen und Schwierigkeiten zu tun, die wir gerade in der katholischen Kirche diskutieren.“ Um Beispiele war Hunsteger-Petermann aus seiner eigenen Erfahrung nicht verlegen und erinnerte sich an einen Fall in einem Hospiz: „Ich selbst habe ein Kreuz für das Christliche Hospiz gekauft, weil es lange Zeit keines gab. Wohlgemerkt: In einem Haus, in dem viele Menschen darauf vertrauen, dass sie nach dem Tod einen Platz im Himmel finden. In einem Haus, in dem der Glaube oftmals die letzte Hoffnung ist“, führt er aus und ergänzt ein wenig verzweifelt: „Ich habe Diskussionen darüber geführt, ob man die christlichen Wurzeln auf der offiziellen Homepage überhaupt erwähnen sollte – und ich habe Ansprachen von kirchlichen Vertretern gehört, in denen der liebe Gott nicht einmal genannt wurde.“ Ein Einzelfall ist das für den erfahrenen Kommunalpolitiker nicht.  „Muslime haben kein Problem mit meinem Glauben, sondern mit Menschen die an keinen Gott Glauben“

„Wenn ich mit Muslimen diskutiere – in Hamm gibt es allein mehr als 30.000 Menschen mit türkischen Wurzeln – dann haben die kein Problem mit meinem Glauben. Die wissen alle, wo ich stehe und was mir wichtig ist“, erklärt Hunsteger-Petermann. Das weitaus größere Problem hätten die Muslime mit Menschen, die an keinen Gott glauben – oder zumindest an irgendetwas. „Mitunter ist es ein einsamer Kampf, den man als Katholik in Zeiten wie diesen führt“, stellt er etwas enttäuscht fest – verspricht aber zugleich, dass er weder den Glauben noch sein aktives katholisches Handeln aufgeben werde. „Wir leben in einer christlich geprägten Gesellschaft, ich selbst bin engagierter Katholik – und das darf auch deutlich werden.“

Natürlich gebe es immer wieder Situationen, in denen auch er als Oberbürgermeister „Farbe bekennen“ müsse – und in denen es nicht immer einfach sei. Das fange bei der Frage von „Verkaufsoffenen Sonntagen“ an – und endet bei der Frage, ob ein Weihnachtmarkt auch über die Festtage hinaus geöffnet sein muss. „Häufig geht es dabei auch um handfeste wirtschaftliche Interessen. Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass wir in Hamm immer einen guten Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen gefunden haben“, stellt er fest.

Im Klartext bedeute das in Hamm: „Wir schöpfen die Zahl der möglichen ‚Verkaufsoffenen Sonntage‘ bei weitem nicht aus – und bislang wurde der Weihnachtsmarkt immer vor Heilig Abend abgebaut“, berichtet Hunsteger-Petermann und berichtet zugleich, dass aber auch er Kompromisse machen müsse. „In diesem Jahr könnte es erstmals eine Öffnung nach Weihnachten geben. Aber drei Dinge sind dabei klar. Erstens: Wenn überhaupt, wird es ein stark reduziertes Angebot geben. Zweitens: Der Weihnachtsmarkt bleibt an den Festtagen definitiv geschlossen. Drittens: Nichts passiert ohne Absprache mit den Kirchen.“

„Unsere Gesellschaft braucht eine starke Kirche und einen starken Glauben“

Abschließend stellte Hunsteger-Petermann fest, dass seiner Meinung nach noch nichts verloren sei. „Diese Gesellschaft braucht eine starke Kirche – und wir müssen alles tun, um diese starke Kirche zu sein. Unsere Gesellschaft braucht einen Glauben – und wir müssen alles tun, um diesen Glauben wieder zu stärken. Das alles können wir, wenn wir uns dabei nicht selbst im Weg stehen“, betonte er. „Vor einigen Jahren habe ich eine Krawatte mit der Aufschrift ‚Gerne katholisch‘ geschenkt bekommen – und diese Krawatte trage ich bei den verschiedensten Anlässen, wenn der Rahmen passt. Das eine oder andere Mal bin ich auf die Krawatte schon angesprochen worden. Die meisten sind mir dabei mit einem Lächeln begegnet. Die Krawatte ist nur ein Beispiel dafür, dass es ganz viele Möglichkeiten gibt, um sich zum eigenen Glauben zu bekennen. Hauptsache, wir tun es. Vor allem dann, wenn es nötig ist.“

Neujahrsempfang der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung in Schwerte – v. l. Georg Konen (Vorsitzender des Fördererkreises für Bildungsarbeit), Norbert Zumbrägel (KKV-Hauptausschussvorsitzender), Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann (Hamm), Iris Kater (stellv. KKV-Bundesvorsitzende), Josef Ridders (KKV-Bundesvorsitzender) und Bürgermeister Dr. Martin Michalzik (Wickede). Foto: ConversioPR

Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann (Hamm)